URLAUBSANSPRÜCHE ALS ABGELTUNGSANSPRUCH NACH DER ELTERNZEIT

Nach der gesetzlichen Regelung und ständigen Rechtsprechungen des Bundesarbeitsgerichts bestehen Urlaubsansprüche unabhängig von der Arbeitsleistung – also auch während mehrmonatiger oder gar mehrjähriger Ausfallzeit, wie eben der Elternzeit. Denn in der Elternzeit ist das Arbeitsverhältnis nicht beendet, sondern es ruht lediglich.

Grundsätzlich steht damit einem Arbeitnehmer auch in der Elternzeit der ganz normale arbeitsvertraglich festgelegte Urlaubsanspruch zu.

Um insoweit den Arbeitgeber zu schützen, legt § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG fest, dass der Arbeitgeber den dem Arbeitnehmer in der Elternzeit zustehenden Erholungsurlaub für jeden  Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen kann. Ist beispielsweise ein Arbeitnehmer in einem Jahr neun Monate in Elternzeit, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um 9/12 kürzen.

Diese Kürzungsmöglichkeit des Arbeitgebers betrifft sämtliche Urlaubsansprüche in der Elternzeit.

Damit stellt das Gesetz jedoch auch klar, dass eine Kürzung des Urlaubs in der Elternzeit nicht kraft Gesetzes, sondern nur gewillkürt und mittels einer empfangsbedürftigen Erklärung des Arbeitgebers erfolgt.

Dabei kann der Arbeitgeber die Kürzungserklärung praktisch zu jedem Zeitpunkt gegenüber dem Arbeitnehmer abgeben, d.h., auch erst nach Ablauf der Elternzeit.

Doch hierzu besteht eine Ausnahme, die zu sehr schwerwiegenden und ggf. auch teuren Folgen für den Arbeitgeber führen könnte.

Das Bundesarbeitsgericht hat im Mai 2015 verbindlich entschieden, dass der Arbeitgeber seine Kürzungserklärung nicht mehr aussprechen kann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet worden ist.

Das bedeutet, dass das Kürzungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der in der Elternzeit des Arbeitnehmers entstandenen Urlaubsansprüche vollständig erlischt, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde und der Arbeitgeber vor Beendigung nicht die Kürzungserklärung ausdrücklich gegenüber dem Arbeitnehmer abgegeben hat. In diesem Fall bleiben die in der Elternzeit insgesamt erworbenen Urlaubsansprüche als vom Arbeitgeber auszuzahlende Abgeltungsansprüche bestehen (vgl. BAG Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 525/13).

Hintergrund ist, dass nach dem vorbezeichneten Urteil des Bundesarbeitsgerichts das Kürzungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG voraussetzt, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch fortbesteht. Daran fehlt es jedoch, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer nur noch einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung hat.

Nach § 7 Abs. 4 BurlG ist der Urlaubsanspruch abzugelten, wenn der Urlaub bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt wird, bzw. genommen werden kann. Entsprechend bestimmt § 17 Absatz 3 BEEG, dass der Arbeitgeber noch nicht gewährten Urlaub abzugelten hat, wenn das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit endet oder im Anschluss an diese nicht fortgesetzt wird.

Damit wandeln sich kraft Gesetz während der Elternzeit angesammelte Urlaubsansprüche – soweit eine Kürzungserklärung des Arbeitgebers nicht erfolgt ist – im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Abgeltungsanspruch. Folglich kann der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann auch keine Kürzungserklärung mehr entgegengesetzt werden.

Dabei kann es für den Arbeitgeber richtig teuer werden: gemäß § 17 Abs. 2 BEEG verfällt der Urlaub nicht, der vor der Elternzeit nicht genommen werden konnte. Der Urlaub bleibt unabhängig von der Dauer der Elternzeit bestehen und kann auch noch in dem Kalenderjahr, in dem die Elternzeit endet – sowie sogar im Kalenderjahr darauf – von dem Arbeitnehmer genommen werden. Damit kann auch ein etwaiger Verfall der Urlaubsansprüche, wie er in vielen Arbeits- und Tarifverträgen vorgesehen ist, den in der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüchen nicht entgegen gehalten werden.

Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach oder in der Elternzeit wandeln sich somit sämtliche in der ggf. langjährigen Elternzeit angesammelten Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers im Fall einer unterbliebenen Kürzungserklärung durch den Arbeitgeber in einen Gesamtabgeltungsanspruch. Dieser muss vom Arbeitgeber an den ehemaligen Arbeitnehmer durch Entgeltzahlung ausgeglichen werden.

Damit besteht eine ganz erhebliche Gefahr für den Arbeitgeber.

Dieser sollte keinesfalls verabsäumen, gegenüber in der Elternzeit befindlichen Arbeitnehmern jeweils rechtzeitig eine Kürzungserklärung auszusprechen und dem betroffenen Arbeitnehmer in geeigneter, vor allem aber in nachweisbarer Art und Weise zukommen zu lassen.

Arbeitnehmer hingegen sollten darauf achten, ihnen zustehende Ansprüche auch geltend zu machen. Sie sollten im Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses in oder nach der Elternzeit dringend prüfen, ob ihnen gegenüber eine ordnungsgemäße Kürzungserklärung seitens des Arbeitgebers zugegangen ist, um nicht ggf. hohen Ausgleichzahlungen verlustig zu gehen.

Die Rechtsanwälte Ihres Vertrauens helfen Ihnen weiter.