Ein Dachdecker aus dem Kreis Münster drohte seinen Arbeitnehmern mit einer Kündigung, würden diese eine Impfung gegen das Virus Covid-19 in Anspruch nehmen. Diese Meldung löste ein regionales Medienecho aus. Viele Menschen sorgen sich durch die Covid-19 Pandemie um einen möglichen Verlust ihrer Arbeitsstelle. Laut einer Studie des Jobportals Glassdoor (2020) gaben 52 Prozent der Befragten an, sich vor einer möglichen Entlassung zu fürchten. In den Jahren vor der Pandemie herrschte weitestgehend Sorglosigkeit und eine niedrige Angst vor einem Jobverlust, wie z. B. eine Studie der DPG aus dem Jahr 2017 zeigte. Zwar wurde die Kündigungsdrohung des Dachdeckers als unwirksam eingeordnet, trotzdem fragen sich viele Menschen zurzeit: Wann und für was darf der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen? Was sind meine Arbeitnehmerrechte? Wir raten Ihnen, eine plötzliche Kündigung immer rechtlich überprüfen zu lassen. Der Arbeitgeber darf nicht die Corona-Krise allein als Kündigungsgrund anführen, auch da diese laut DGP keinen sachlichen Kündigungsgrund darstellt. Die Rechtsanwaltskanzlei Zöller erklärt Ihnen, was Sie über das Thema Kündigung und Klagefristen wissen müssen.
Formen & Wirksamkeit von Kündigungen
Eine Kündigung bedarf grundsätzlich – unabhängig von welcher Seite – stets einer schriftlichen Form und wird erst durch diese wirksam (§ 623 BGB). Dabei gilt es zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen/fristlosen Kündigung zu unterscheiden. Laut § 626 BGB ist eine fristlose Kündigung nur unter unhaltbaren Zuständen möglich, welche das gemeinsame Vertrags- & Arbeitsverhältnis bis zur ordentlichen Kündigungsfrist unerträglich erscheinen lassen.
Bevor eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden kann, muss im Regelfall eine Abmahnung der fristlosen Kündigung voraus gehen. Nur in bestimmten Härtefällen, wie z. B. bei Diebstahl, Beleidigung etc., kann eine vorherige Abmahnung ausbleiben.
Und auch eine außerordentliche Kündigung geht mit einer Frist einher: So muss diese innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist gilt ab dem Zeitpunkt, ab welchem der Kündigungsberechtigte Kenntnis über die maßgebenden Tatsachen, die zu einem für ihn unerträglichen Sachverhalt führen, erlangt. Nach gemeinsamer Abwägung und Beschluss kann der andere Vertragspartner eine schriftliche Kündigungsbegründung verlangen (§ 626 Abs. 2 BGB). Die Kündigung wird darüber hinaus erst wirksam, wenn sie in einer schriftlichen Form den Einflussbereich des Kündigungsgegenübers erreicht hat (z.B. im Briefkasten des Empfängers unter der von ihm angegebenen Adresse). Auch unübliche Umstände, wie z. B. andere Aufenthaltsorte, Krankheit, Kur oder Urlaub, werden nicht als wirksamer Verschiebungsgrund betrachtet.
Kündigungsschutz: Besondere Arbeitnehmer-Gruppen
Für Frauen, die sich im Mutterschutz befinden, sowie für Personen mit einer schwerwiegenden Behinderung gilt ein weitreichenderer Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber darf gegenüber einer Angestellten während ihrer Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Geburt keine ordentliche oder außerordentliche Kündigung aussprechen. Dabei muss dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt sein oder nach Einreichung der Kündigung innerhalb von zwei Wochen mitgeteilt werden.
Wenn ein Beschäftigungsverhältnis mit einer schwerbehinderten Person beendet werden soll, muss der Arbeitgeber zuvor einen Antrag beim Integrationsamt und der Schwerbehindertenvertetung stellen. Wenn er die Beteiligung jener beiden Institutionen untersagt, wird die angestrebte Kündigung unwirksam.
Gesetzliche Kündigungs- & Klagefristen
Ist im Arbeitsvertrag keine explizite Kündigungsfrist definiert, gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer laut § 622 BGB eine gesetzliche Kündigungsfrist, welche sich auf vier Wochen zum 15. oder Ende eines Monats beläuft. Bei bestimmter Betriebsgröße und kurzweiligen Aushilfsverträgen kann diese Terminierung abweichen. Die gesetzliche Kündigungsfrist für eine Kündigung, die vom Arbeitgeber ausgesprochen wird, kann sich unter Umständen verlängern und richtet sich nach der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses.
Jede Kündigung, ob ordentlich oder außerordentlich, wird rechtswirksam, wenn Sie als Arbeitnehmer keine anfechtenden Schritte einleitet. Dabei muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung die Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht anhängig machen (§ 4 KSchG). Im Folgenden entscheidet dann das Arbeitsgericht über den Fortbestand oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie ggf. über etwaig Abfindungsbeträge.
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Quellen:
Headline (Dachdecker Fall): https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/impfen-corona-kuendigung-100.html
Glassdoor Studie: https://www.glassdoor.de/blog/mehr-als-die-haelfte-der-angestellten-fuerchtet-jobverlust/
Bericht über DGP Studie 2017 (SZ): https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/dgb-studie-arbeitnehmer-verlieren-die-angst-vor-der-kuendigung-1.3750408
HK Hamburg (Gesetzliche Kündigungsfristen im Arbeitsrecht): https://www.hk24.de/produktmarken/beratung-service/recht-und-steuern/wirtschaftsrecht/arbeitsrecht/kuendigung/gesetzliche-kuendigungsfristen-1167524
DGB (Corona und Kündigung): https://www.dgb.de/themen/++co++8ea632c8-69cf-11ea-abfd-52540088cada
§622 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__622.html
§623 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__623.html
§626 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__626.html
(KSchG) § 3 Kündigungseinspruch: https://www.gesetze-im-internet.de/kschg/__3.html
(KSchG) § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts: https://www.gesetze-im-internet.de/kschg/__4.html
In Zeiten der digitalen Arbeitswelt ist es für Arbeitnehmer umso verlockender geworden, den digitalen Anschluss auch für private Zwecke zwischendurch am Arbeitsplatz zu nutzen. Für Arbeitgeber bedeutet das einen teuren Verlust von wertvoller, ungenutzter Arbeitszeit. In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Fällen, in denen Arbeitgeber aus genau diesem Grund ihre Mitarbeiter während der Arbeitszeit elektronisch überwacht und gegebenenfalls Abmahnungen, ja sogar Kündigungen ausgesprochen haben. In welchem Rahmen dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Folgen aufgrund von privater Internetnutzung drohen und inwiefern die Nutzung überwacht werden darf, erklärt Markus Zöller, LL.M., aus Münster. Prinzipiell gilt: Die private Internetnutzung am Arbeitsplatz ist verboten, da sie zu einer Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten führt. In vielen Unternehmen fehlt hierzu allerdings eine deutliche Regelung, da auch unterschieden werden muss, ob es sich um die Internetnutzung via dem privaten Smartphone oder über den firmeneigenen PC handelt. „In schriftlichen Abmachungen, wie auch schon im Arbeitsvertrag, sollte optimaler Weise möglichst genau geregelt sein, in welchem Ausmaß in der Arbeitszeit privat oder dienstlich Gebrauch vom Internet gemacht werden darf. An dieser Stelle sollte der inhaltliche, als auch der zeitliche Rahmen der Webnutzung definiert werden. Beispielweise muss geklärt sein, wie die Internetnutzung in den Pausen gehandhabt wird und welche Seiten gesperrt sind“, erklärt Rechtsanwalt Zöller. Private Internetnutzung mit dem Dienst-PC Wird der Internetzugang für eindeutig betriebliche Zwecke genutzt, ist die Nutzung problemlos. Komplizierter wird es, wenn Mitarbeiter die digitale Kommunikation im Unternehmen zwischenzeitlich auch für private Kollegenkonversation untereinander verwenden. Auch an dieser Stelle ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ratsam, welche die private elektronische Kommunikation unter Mitarbeitern als Gegenstand im Arbeitsverhältnis definiert, also die Frage beantwortet, wann Kommunikation via PC als privat zu werten ist. „Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass Internetaktivitäten jeglicher Art zurückverfolgt, und private Internetnutzungen über den Dienst-PC so dem Arbeitnehmer nachgewiesen werden können. Überwachung privater Webaktivitäten am Arbeitsplatz Sollten dem Arbeitgeber konkrete Gründe zur Annahme über einen Missbrauch der Arbeitszeit durch private Internetnutzung vorliegen, darf er unter bestimmten Bedingungen stichprobenartig Kontrollen und Dokumentationen durchführen. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so ist Voraussetzung hierfür die Zustimmung des selben (vgl. § 87 I Nr. 6 BetrVG). Nach der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist jedoch der Arbeitnehmer in der Regel über die Möglichkeit solcher Kontrollmaßnahmen vorab (!) zu unterrichten. Das Unterbleiben einer solchen Vorabinformation kann zur Unwirksamkeit etwaig wegen privater Internetnutzung anstehender arbeitsrechtlicher Schritte führen (vgl.: EGMR vom 05.09.2017 – Application no. 61496/08). Für Arbeitnehmer gilt daher, dass sie sich vor Kontrollmaßnahmen in jedem Fall rechtlichen Rat einholen sollten. Sollte hingegen bereits der Arbeitsvertrag oder eine andere (schriftliche) Vereinbarung die Internetnutzung im Betrieb prinzipiell erlauben, fällt das private Surfen unter das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG), d.h., dieses darf dann nicht überwacht werden, solange keine konkreten Hinweise auf weitergehende Verstöße, etwa von strafrechtlicher Relevanz, vorliegen. Grundsätzlich ist eine systematische, digitale Überwachung per se verboten. Sie verletzt im Grunde stets die Privatsphäre und die Grundrechte des Arbeitnehmers. Abmahnung und Kündigung aufgrund privater Internetnutzung Arbeitnehmern sollte bewusst sein, dass privates Surfen während der Arbeitszeit durchaus eine Abmahnung nach sich ziehen und auch kündigungsrelevant werden kann. Kündigt ein Arbeitgeber fristlos aufgrund von privater Internetnutzung am Arbeitsplatz, ist dies nur in seltenen Fällen gerechtfertigt, beispielsweise, wenn eine übermäßige Nutzung erfolgt ist oder eine Verhaltensbesserung nicht anzunehmen ist. Bildnachweis: pixabay.com