Betroffene Kunden kommen nach aktueller Rechtsprechung des BGH gegenüber Autoherstellern, die ihre Dieselfahrzeuge mit der sogenannten Thermofenstertechnik ausgerüstet haben, nun grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu, wenn die Abgase nur in einem kleinen Temperaturbereich gesetzeskonform gereinigt werden.
In diesem Fall stünde Käufern solcher Fahrzeuge ein Schadensersatz in Höhe von 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises zu.
Der BGH hob bei diversen Verfahren, an denen mehrere Autohersteller, wie Mercedes, Volkswagen und Audi, beteiligt waren, die Urteile auf und verwies die Verfahren zurück an die Berufungsgerichte. Diese müssen nun die Haftungsfragen weiter aufklären.
Es sei an den Autoherstellern, das ordnungsgemäße Funktionieren eines sogenannten Thermofensters nachzuweisen.
Thermofenster sorgen dafür, dass die betroffenen PKW nur bei bestimmten Außentemperaturen die Schadstoffgrenzwerte für Stickoxyd nach den gesetzlichen Normen einhalten. Bei zu hohen und zu nie-drigen Temperaturen wird die Abgasreinigung durch die verbaute Software gedrosselt. Die Hersteller ha- ben sich stets darauf zurückgezogen, dass dies angeblich dem Motorenschutz dienen soll, jedoch sind in zahlreichen Fällen die Temperaturbereiche viel zu eng gewählt, in denen die Abgasreinigung korrekt abläuft.
Nun können betroffene Verbraucher also einen Teil des Kaufpreises von den Herstellern zurückerhalten, die in ihren Autos eine unzulässige Abschalteinrichtung, wie eben das sogenannte Thermofenster, ver- baut haben.
Mit den jüngsten Urteilen vom 26.06.2023 ändert der BGH damit seine Rechtsprechung grundsätzlich. Denn ursprünglich war der BGH stets davon ausgegangen, dass hinsichtlich des Verbaus eines Thermo- fensters nur von Fahrlässigkeit und nicht von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf Seiten der Hersteller ausgegangen werden könne; die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung jedoch Voraus- setzung für die von den betroffenen Verbrauchern geltend gemachten Ansprüchen sei. Der übergeord- nete Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte jedoch im März dieses Jahres entschieden, dass ein Ent- schädigungsanspruch auch schon bei bloßer Fahrlässigkeit bestehen müsse.
Ob und für wen es sich nun tatsächlich lohnt, seine Ansprüche gegenüber den diversen Automobilher- stellern geltend zu machen, bleibt abzuwarten. Der Bundesgerichtshof kündigte an, dass auch der Nut- zungswert des Fahrzeugs etwaig bestehenden Schadenersatzansprüchen des Betroffenen entgegenge- halten werden müsse. Einzelheiten hierzu sind noch nicht bekannt.
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Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 17. April 2023 (Az.11 BV 22.1234) entschieden: Wer betrunken oder unter Drogeneinfluss mit einem Fahrzeug erwischt, und dem deswe- gen der Führerschein entzogen wurde, darf in Zukunft trotzdem weiter mit erlaubnisfreien Gefährten, wie dem Fahrrad oder dem E-Scooter, unterwegs sein.
Wie begründet der BayVGH diese Entscheidung?
Die Richter begründen dieses Urteil damit, dass die Regelung des § 3 der bundesweit geltenden Fahr-erlaubnis Verordnung (FeV) zu unbestimmt sei. Sie biete keine Grundlage, auch das Führen von fahrer- laubnisfreien Fahrzeugen zu verbieten. Hierbei beziehen die Richter sich explizit auf § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV.
Die Maßstäbe, die für Kraftfahrzeuge gelten, könnten aufgrund der unterschiedlichen Gefahrenpoten-ziale nicht auf Fahrräder, E-Scooter etc. angewendet werden. Das Fehlen rechtlicher Maßstäbe könne je- doch zu unverhältnismäßigen Verboten durch Verwaltungsbehörden führen, welche in der Konsequenz schwere Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit der Betroffenen darstellen würden.
Der BayVGH hat gegen diese Entscheidung die Revision zugelassen, sodass der unterlegene Freistaat Bayern gegen dieses Urteil noch das Rechtsmittel einlegen kann, wodurch dieses noch nicht rechtskräf- tig ist.
Die endgültigen Konsequenzen aus der dargelegten Entscheidung sind damit derzeit noch offen.
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In einem Vorlageverfahren des Landgerichts Ravensburg entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 21. März 2023 in dem Verfahren zum Aktenzeichen C-100/21, dass Käufer eines Fahrzeugs einen An- spruch auf Schadensersatz gegen den Fahrzeughersteller haben, wenn in dem Fahrzeug eine sog. unzu- lässige Abschalteinrichtung verbaut wurde.
Worum geht es?
In diesem Fall geht es um den Besitzer eines Mercedes 220 CDI, der die Mercedes-Benz Group auf Schadensersatz verklagte, da in seinem Fahrzeug ein sog. Thermofenster eingebaut worden war. Dieses Thermofenster reduziert im alltäglichen Gebrauch des Fahrzeuges die Abgasreinigung bei kälteren und wärmeren Temperaturen, wodurch die Stickoxid-Emissionen bei bestimmten Temperaturkonstellationen erheblich die erlaubten Werte übersteigen, während beim Verfahren zum Erlangen der grundsätzlichen Straßenzulassung – dem sog. Typengenehmigungsverfahren - in dem dafür notwendigen Testlauf (NEFZ) die gesetzlich vorgesehenen Stickoxid-Grenzwerte eingehalten werden.
So begründet der EuGH die Entscheidung:
Mit der Übereinstimmungsbescheinigung, die dem Käufer eines Neufahrzeuges stets ausgehändigt wird, würde im Rahmen der Typengenehmigung bestätigt, dass der Hersteller das Fahrzeug rechtskonform produziert hätte. Der Käufer sei, nach der Auffassung des EuGH, durch diese in der Bescheinigung innewohnende Bestätigung vor Pflichtverletzungen des Herstellers geschützt. Der EuGH identifiziert im nächsten Schritt das o.g. Thermofenster als eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der einschlägigen EU-Verordnung und fordert, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen hätten, dass Käufer von Fahrzeugen, in denen solche unzulässigen Abschalteinrichtungen, wie eben das sog. Thermofenster, verbaut sind, gegen den Hersteller einen direkten Anspruch auf Schadensersatz hätten.
Was ändert sich nun?
Zuvor hatten Dieselbesitzer in Deutschland nach der Rechtsauffassung des höchsten deutschen Gerich- tes, dem Bundesgerichtshof, nur dann einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn den Herstellern ein sit- tenwidriges Verhalten, wie etwa Betrugsabsicht, bei der Abgasmanipulation nachgewiesen werden kon- nte. Bisher war daher nur die Volkswagen AG im ursprünglichen Dieselskandal um den EA 189-Motor betroffen.
Nun steht fest: Auch wenn Automobilhersteller nur fahrlässig gehandelt haben, als sie unzulässige Abschalteinrichtungen in ihre Fahrzeuge verbauten, haben sie – entgegen der bisherigen Rechtsauffas- sung des BGH - nun offenbar doch zu haften und müssen Besitzern von betroffenen Neu- oder Ge- brauchtwagen Schadensersatz zahlen. Der Verstoß gegen die einschlägigen Normen reicht mithin aus.
Somit wurden aktuell die Chancen betroffener Fahrzeugbesitzer auf einen Schadensersatz maßgeblich erhöht.
Betroffen von unzulässigen Abschalteinrichtungen im Zusammenhang mit dem sog. Thermofenster sind in erster Linie die Marken Volkswagen, Mercedes, FIAT, Audi und Seat.
Betroffenen Verbrauchern können künftig Fahrverbote, Stilllegungen und noch weitere Wertverluste drohen. Der EuGH hat nationalen Umweltverbänden in einer früheren Entscheidung bereits eigene Klage- rechte gegen Typengenehmigungen, also die allgemeinen Straßenzulassungen, zugestanden, die auf der Grundlade des Verbaus unzulässiger Abschalteinrichtungen erfolgt sind.
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Eine Klausel in den Kreditverträgen der Mercedes-Benz-Bank, sorgt in letzter Zeit für viel Aufruhr. Diese Klausel besagt, dass die Darlehensnehmer als Sicherheit “gegenwärtige und zukünftige Ansprüche gegen die Mercedes-Benz Group“ an die Bank abtreten würden.
Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, dass diese Klausel der Mercedes-Benz-Bank unwirksam ist.
Was ist passiert?
Der Kläger kaufte im Jahre 2019 einen Mercedes GLC 250 für 55.000 Euro. Den Kauf finanzierte er zum größten Teil über die Mercedes-Benz-Bank, die die besagte Klausel verwendete.
Später verlangte er Schadensersatz von der Mercedes-Benz Group. Er behauptete, dass in dem Auto unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut seien, wodurch es beim Fahren mehr giftige Abgase ausstoße, als es gesetzlich erlaubt sei.
Haben Kläger wegen der besagten Klausel m Kreditvertrag keinen Anspruch auf Schadensersatz?
Das lässt sich nach dem Wortlaut der Klausel im Kreditvertrag der Mercedes-Benz-Bank zunächst vermuten. So entschied auch das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) in diesem Fall, dass der Kläger aufgrund der Klausel nicht mehr berechtigt sei, auf Schadensersatz zu klagen. Laut dem OLG sei die Klausel in den Darlehensbedingungen der Bank rechtmäßig.
Wie stehen die Chancen?
Trotz dieser Entscheidung des OLG Stuttgart stehen die Chancen auf Schadensersatz recht gut.
Der BGH entschied aktuell am 24.04.2023, dass die Klausel in den Kreditverträgen der Mercedes-Benz-Bank unwirksam ist (vgl.: BGH; Urteil vom 24.03.2023, Az.: Vla ZR 1517/22). Die Vorsitzende Richterin Eva Menges begründete diese Entscheidung damit, dass die Klausel zu weit gefasst und daher insgesamt unwirksam sei.
Wie sind die Aussichten?
Da zudem der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 21.03.2023 entscheiden hat, dass Betroffenen Automobilbesitzern schon dann ein Anspruch auf Schadensersatz zukommen würde, wenn die Automobilhersteller nur fahrlässiger Weise eine unzulässige Abgasmanipulationstechnik eingebaut hätten (vgl.: Urteil EuGH vom 21.03.2023, Az.: C-100/21), stehen die Chancen auf Schadensersatz mithin aktuell gut.
Wie sich der BGH wiederum zu dieser Auffassung des EuGH stellen wird, bleibt abzuwarten. Nach derzeitigem Stand soll dies in der kommenden Verhandlung vor dem BGH am 08.05.2023 geklärt werden.
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Was zuerst als Erfolg wahrgenommen wird, kann eine Gefahr für Dieselfahrer darstellen. Denn das neue Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 08.11.2022 besagt, dass nationale Umweltverbände, wie in Deutschland die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Berechtigung haben, gegen Typengenehmigungen von Dieselautomobilen (EURO 5 und EURO 6) vorzugehen und auch zu klagen, wenn diese die Typengenehmigung nur auf der Grundlage von verbauten sog. unzulässigen Abschalteinrichtung erlangt haben, worauf in der Konsequenz sogar Stilllegungen der betroffenen Fahrzeuge folgen könnten.
Was bedeutet das genau?
Die DUH darf laut dem besagten Urteil (Rs. C-873/19) gegen Bescheide vorgehen, mit denen das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Typengenehmigungen oder auch nachträgliche Software-Updates bei Dieselfahrzeugen mit sog. Thermofenstern genehmigt hat. Zudem wurde erneut bekräftigt, dass solche Thermofenster im Grundsatz illegal sind. Somit droht vielen Dieselfahrern die Stilllegung ihrer KFZs – im Einzelfall trotz Software-Update. Die VW AG und andere Hersteller versuchen nun den Folgen entgegenzuwirken und sich vermehrt auf die Verjährung der Ansprüche von Klägern zu berufen.
Ein schnelles Handeln ist also angezeigt.
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Rechts vor links, solange kein Vorfahrtsschild den Verkehr regelt und das sog. Reißverschlussverfahren – diese Vorschriften kennt jeder Verkehrsteilnehmer. Im Falle einer beidseitigen Fahrbahnverengung soll damit fortan Schluss sein. Ein Urteil des BGH vom 2. Mai kündigt eine Änderung der bisherigen Vorfahrtregelung an. Worauf müssen sich Autofahrer zukünftig einstellen? Was führte zu den Veränderungen und ab wann treten sie ein?
Rechtsanwaltskanzlei Zöller aus Münster liefert die Antworten und erklärt in diesem Zuge die wichtigsten Fakten.
Um Verkehrsunfällen vorzubeugen, muss immer klar geregelt sein, welcher Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hat. Wenn sich die Fahrlinien kreuzen, galten bisher stets die Rechts-vor-Links-Regel oder das Reißverschlussverfahren als Faustregeln, die den sicheren Spurwechsel gewährleisten sollen. Fortan sollten sich Verkehrsteilnehmer nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) allerdings hier auf eine Veränderung einstellen.
Ein Unfall als Ursache für die Neuregelung
Anlass dafür bot ein Unfall, der sich 2018 in Hamburg ereignet hat. Hierbei kam es zur Kollision zwischen einem LKW-Fahrer, der den PKW auf der rechten Spur übersehen hatte. Die Fahrerin des PKW bremste nicht, da sie davon ausging, dass sie Vorfahrt hatte. Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
Niemand hat mehr automatisch Vorfahrt – es gilt wechselseitige Rücksichtnahme
Am Bundesgerichtshof wurde am 2. Mai schließlich entschieden, dass „bei einer beidseitigen Fahrbahnverengung […] das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme (§ 1 StVO) gilt. Ein regelhafter Vorrang eines der beiden bisherigen Fahrstreifen be-
steht nicht.“ Damit werden sowohl die Rechts-vor-Links-Regel, als auch das Reißverschlussverfahren entkräftet. Als wichtiger erscheint der allgemeine Grundsatz der vermehrten Rücksichtnahme und gegenseitigen Verantwortung sowie Umsicht im Straßenverkehr.
Auf die Art der Fahrbahnverengung kommt es an
Der Urteilsspruch des BGH bezieht sich allerdings nur auf den Fall, dass zwei Spuren auf eine verengt werden. Markiert wird dieses Szenario durch das entsprechende Verkehrsschild, auf dem beide Fahrbahnen in einer münden. Falls der Fahrstreifen allerdings endet, gilt immer noch die Regelung des Reisverschlussverfahrens. Demgemäß obliegt demjenigen, der die Spur wechselt eine besondere Sorgfaltspflicht. Er darf den Spurwechsel weder forcieren, noch darf er darauf vertrauen, dass ihm die Vorfahrt gewährt wird. Bei Unfällen liegt die Haftung in der Regel bei demjenigen, der die Spur wechselt
Laut dem Urteil des BGH gilt für Autofahrer folglich also, dass im Falle einer zweispurigen Fahrbahnverengung das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme gilt. Daher sollte man sich auf eine individuelle Lösung verständigen und ggf. dem anderen Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt lassen.
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