Kündigung während der Probezeit – Wann lohnt sich eine Kündigungsschutzklage?

Entgegen der immer noch weit verbreiteten Meinung kann eine Kündigungsschutzklage auch gegen eine Kündigung, die während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses bzw. in der Probezeit ausgesprochen wurde, durchaus erfolgreich sein. Zwar entfaltet das Kündigungsschutzgesetz während der sogenannten Wartezeit der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses noch keine Wirkung, weswegen grundsätzlich für die Wirksamkeit einer in dieser Zeit ausgesprochenen Kündigung kein persönlicher, verhaltensbedingter oder betriebsbedingter Grund erforderlich ist. Gleichwohl gibt es jedoch neben dem Kündigungsschutzgesetz weitere Vorschriften und Voraussetzungen, deren Nichteinhaltung oder Verletzung eine Kündigung unwirksam machen können. Diese Punkte werden in der Praxis von Arbeitgebern oft übersehen, was dazu führt, dass Kündigungen trotz der Unwirksamkeit des Kündigungsschutzgesetztes anfechtbar sind.

Formale Anforderungen an eine wirksame Kündigung

Auch bei einer Kündigung während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses müssen die formalen Anforderungen an eine Kündigung eingehalten werden. Eine Kündigung muss stets schriftlich erfolgen. Eine mündliche Erklärung oder eine Zusendung via E-Mail reichen nicht aus. Außerdem muss die Kündigung von einem ordnungsgemäß Bevollmächtigten mit dessen Originalunterschrift unterzeichnet sein. Bevollmächtigte sind in der Regel bei Einzelunternehmen der Inhaber und bei juristischen Personen die im Handelsregister als Vertreter der Gesellschaft eingetragenen Personen. Bei einer GmbH sind dies beispielsweise die Geschäftsführer und die Prokuristen, sofern sie laut Handelsregister alleinvertretungsberechtigt sind. Hat der Arbeitgeber einen Personalchef, kann auch dieser berechtigt sein, eine Kündigung zu unterschreiben. Dies hängt vom Einzelfall ab. Bei allen anderen Personen ist es grundsätzlich erforderlich, dass sie der Kündigungserklärung eine Originalvollmacht beifügen, aus der ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung hervorgeht.

Insbesondere bei Kündigungen, die in den letzten Tagen der Wartezeit, also kurz vor Ablauf der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses, ausgesprochen werden, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, gegen die Kündigung vorzugehen, schon da der Arbeitgeber aufgrund der knappen Zeit nur schwer eine weitere Kündigung an den Arbeitnehmer im Nachgang übermitteln kann. In unserer Kanzlei in Münster habe ich als Fachanwalt für Arbeitsrecht in solchen Fällen bereits mehrfach sehr gute Erfolge für die betroffenen Mandanten erzielt, beispielsweise durch den Abschluss eines Vergleiches. Wichtig ist dabei, dass die fehlende Bevollmächtigung unverzüglich gegenüber dem Arbeitgeber gerügt wird, damit sich der Arbeitnehmer im Prozess auch darauf berufen kann. Daher ist es so wichtig, dass sich betroffene Arbeitnehmer unmittelbar nach Erhalt einer Kündigung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.

Beteiligung des Betriebsrats

Sofern beim Arbeitgeber ein Betriebsrat besteht, ist für die Wirksamkeit einer Kündigung dessen vorherige ordnungsgemäße Beteiligung erforderlich, unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Wurde der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört, ist die Kündigung unwirksam.

Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung

Vor der Kündigung eines schwerbehinderten oder diesem gleichgestellten Menschen muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligen. Diese Pflicht gilt auch vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit. Ob der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung hat, ist nicht entscheidend. Die Pflicht des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß zu beteiligen, ist lediglich an den Tatbestand der Schwerbehinderung oder Gleichstellung geknüpft, nicht an die Kenntnis. Eine Kündigung, die ohne ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt, ist unwirksam.

Kündigung einer nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) geschützten Person ohne Zustimmung des Amtes für Arbeitsschutz

Der Schutz nach dem Mutterschutzgesetz gilt ab Beginn der Schwangerschaft. Eine Kündigung ist dann nur zulässig, wenn das Amt für Arbeitsschutz diese ausnahmsweise für zulässig erklärt hat. Diese Wirksamkeitsvoraussetzung gilt auch für Kündigungen, die während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses bzw. in der Probezeit ausgesprochen werden.

Mindestkündigungsschutz auch für Kündigungen innerhalb der Wartezeit

Bei jeder Kündigung, auch innerhalb der Wartezeit oder in einem Kleinbetrieb, wird ein gewisser Mindestkündigungsschutz gewährt. Eine Kündigung darf nicht gegen die guten Sitten oder den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Außerdem gilt bei jeder Kündigung ein Verbot des Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot, die Meinungsfreiheit, das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie ein Diskriminierungsverbot. Schließlich kann eine Kündigung durch vertragliche oder tarifvertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen sein.

Ob eine Kündigung gegen den Mindestkündigungsschutz verstößt, hängt vom zugrunde liegenden Sachverhalt ab. Zum Beispiel wäre eine Kündigung einen Tag nach der ordnungsgemäßen Ausübung des Streikrechts voraussichtlich als Verstoß gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit zu werten und mithin unwirksam. Auch wäre eine Kündigung unwirksam, die vom Arbeitgeber nur ausgesprochen wurde, weil der Arbeitnehmer ihm zustehenden Rechte, wie das Recht auf Krankschreibung im Krankheitsfall, wahrgenommen hat.

Zusammenfassung

Es gibt also gute Gründe, eine Kündigung, die vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit bzw. in der Probezeit ausgesprochen wurde, durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht juristisch überprüfen zu lassen. Zu beachten ist stets, dass eine Kündigung als wirksam gilt, wenn der Arbeitnehmer nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung beim zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben hat. Zudem kann es erforderlich sein, unverzüglich tätig zu werden, um Einwendungen – zum Beispiel eine fehlende Bevollmächtigung des Unterzeichners der Kündigung – geltend zu machen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Zöller, LL.M., mit Kanzleisitz in Münster berät im Arbeitsrecht deutschlandweit.