Rechts vor links, solange kein Vorfahrtsschild den Verkehr regelt und das sog. Reißverschlussverfahren – diese Vorschriften kennt jeder Verkehrsteilnehmer. Im Falle einer beidseitigen Fahrbahnverengung soll damit fortan Schluss sein. Ein Urteil des BGH vom 2. Mai kündigt eine Änderung der bisherigen Vorfahrtregelung an. Worauf müssen sich Autofahrer zukünftig einstellen? Was führte zu den Veränderungen und ab wann treten sie ein?
Rechtsanwaltskanzlei Zöller aus Münster liefert die Antworten und erklärt in diesem Zuge die wichtigsten Fakten.
Um Verkehrsunfällen vorzubeugen, muss immer klar geregelt sein, welcher Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hat. Wenn sich die Fahrlinien kreuzen, galten bisher stets die Rechts-vor-Links-Regel oder das Reißverschlussverfahren als Faustregeln, die den sicheren Spurwechsel gewährleisten sollen. Fortan sollten sich Verkehrsteilnehmer nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) allerdings hier auf eine Veränderung einstellen.
Ein Unfall als Ursache für die Neuregelung
Anlass dafür bot ein Unfall, der sich 2018 in Hamburg ereignet hat. Hierbei kam es zur Kollision zwischen einem LKW-Fahrer, der den PKW auf der rechten Spur übersehen hatte. Die Fahrerin des PKW bremste nicht, da sie davon ausging, dass sie Vorfahrt hatte. Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
Niemand hat mehr automatisch Vorfahrt – es gilt wechselseitige Rücksichtnahme
Am Bundesgerichtshof wurde am 2. Mai schließlich entschieden, dass „bei einer beidseitigen Fahrbahnverengung […] das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme (§ 1 StVO) gilt. Ein regelhafter Vorrang eines der beiden bisherigen Fahrstreifen be-
steht nicht.“ Damit werden sowohl die Rechts-vor-Links-Regel, als auch das Reißverschlussverfahren entkräftet. Als wichtiger erscheint der allgemeine Grundsatz der vermehrten Rücksichtnahme und gegenseitigen Verantwortung sowie Umsicht im Straßenverkehr.
Auf die Art der Fahrbahnverengung kommt es an
Der Urteilsspruch des BGH bezieht sich allerdings nur auf den Fall, dass zwei Spuren auf eine verengt werden. Markiert wird dieses Szenario durch das entsprechende Verkehrsschild, auf dem beide Fahrbahnen in einer münden. Falls der Fahrstreifen allerdings endet, gilt immer noch die Regelung des Reisverschlussverfahrens. Demgemäß obliegt demjenigen, der die Spur wechselt eine besondere Sorgfaltspflicht. Er darf den Spurwechsel weder forcieren, noch darf er darauf vertrauen, dass ihm die Vorfahrt gewährt wird. Bei Unfällen liegt die Haftung in der Regel bei demjenigen, der die Spur wechselt
Laut dem Urteil des BGH gilt für Autofahrer folglich also, dass im Falle einer zweispurigen Fahrbahnverengung das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme gilt. Daher sollte man sich auf eine individuelle Lösung verständigen und ggf. dem anderen Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt lassen.
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