Über ein Jahr ist es her, dass der Abgasskandal der Volkswagen AG und anderer Automobilhersteller öffentlich wurde. Laut vorliegenden Berichten sollen rund 11 Millionen Fahrzeuge des VW-Konzerns mit der fraglichen Software, die die Abgaswerte manipuliert, ausgestattet worden sein.
Zwar bietet beispielsweise der VW-Konzern den betroffenen Kunden die Umrüstung ihrer Dieselfahrzeuge der Marken Audi, Seat, Skoda, VW, etc. an – betroffen sind hier vor allem die Motoren mit der Bezeichnung EA 189, die sich mit max. 2 Liter Hubraum in den TDI-Modellen der Marken Audi, Seat, Skoda und VW befinden –, jedoch sind der Nutzen solcher Maßnahmen und die zulassungsrechtlichen Konsequenzen für die Zukunft unsicher. Die ersten Großstädte und Gemeinden denken weiterhin laut über Fahrverbote nach und eine Freizeichnung des Kraffahrtbundesamtes liegt in weiter Ferne.
Es stellt sich daher für viele Betroffene die Frage, was alternativ unternommen werden kann, um seine Rechte zu wahren.
Hier ist insbesondere ein aktuelles Urteil des Landgerichts Krefeld interessant. Hatten zuvor die Landgerichte Bochum und Münster die Klagen von betroffenen Fahrzeugeigentümern gegenüber Händlern noch abgewiesen, schlägt sich das Gericht mit außergewöhnlicher Deutlichkeit und scharfen Formulierungen auf die Seite der betroffenen Kunden.
Das Gericht geht von dem Vorliegen eines erheblichen Mangels bei Fahrzeugen aus, die mit der sogenannten “Schummelsoftware“ ausgestattet worden sind. Dabei gewichtet das Gericht diesen Mangel als so schwerwiegend, dass sogar ein Nacherfüllungsbegehren des Kunden entbehrlich sei, und damit in der Konsequenz der betroffene Kunde gleich den Rücktritt vom Autokaufvertrag erklären könne.
Im Kern führt das Gericht aus, dass es den betroffenen Kunden nicht zumutbar sei, einem “Betrüger“ – so scharf tituliert das Gericht den Hersteller – das mangelhafte Fahrzeug zur Nacherfüllung noch einmal zur Verfügung zu stellen, woraus sich ergibt, dass Betroffene ein sofortiges Rücktrittsrecht geltend machen können.
Noch mehr Gewicht bekommt die Entscheidung, da das Landgericht Krefeld in der Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass diese Entscheidung von sämtlichen Zivilkammern des Landgerichts mitgetragen würde.
Das Landgericht Arnsberg hat sich zwischenzeitlich dieser Rechtsauffassung angeschlossen.
Die im Rahmen einer durchgesetzten Rückabwicklung des Autokaufvertrags anzunehmende Nutzungsentschädigung, die der Kunde dem Händler für die bis dato erfolgte Nutzung des Fahrzeuges auszugleichen hat, hängt im Wesentlichen von der zu erwartenden Gesamtlaufzeit des jeweiligen Fahrzeuges ab. Diese ist bei Dieselfahrzeugen in der Regel sehr hoch. Wird beispielsweise davon ausgegangen, dass ein Dieselfahrzeug heute im Durchschnitt 300.000 km genutzt werden kann, läge die Nutzungsentschädigung, von der der Dieselkunde ausgehen müsste, bei 0,33 Prozent des Kaufpreises pro gefahrene 1.000 km. Gegebenenfalls käme hier – so die Ansicht einiger Gerichte – sogar noch ein Abschlag zu Gunsten des Dieselkunden wegen arglistiger Täuschung hinzu.
Es gibt zudem aktuell Urteile, die in die Richtung gehen, dass gar keine Nutzungsentschädigung vom Kunden an den Händler im Rahmen einer Rückabwicklung zu zahlen sei. So hat das Landgericht Regensburg einen Händler zur Nachlieferung eines Fahrzeuges ohne “Schummelsoftware“ verurteilt, und der Betroffene musste keine Nutzungsentschädigung für die bisher gefahrenen Kilometer erstatten. Ähnlich entschied das Landgericht Hildesheim. Hier war vom Händler im Rahmen der Rückabwicklung der gesamte Neukaufpreis des betroffenen Fahrzeugs an den Kunden zu erstatten.
Vor diesem Hintergrund sollten sich betroffene Kunden zeitnah überlegen, ob es nicht an der Zeit ist zu handeln. Es kann bereits Verjährung drohen!
Bei bestehenden Rechtsschutzversicherungen besteht zudem in den überwiegenden Fällen eine Einstandspflicht der Versicherung für die Auseinandersetzung mit dem Händler/Hersteller.
Nehmen Sie ihre Rechte wahr!
Übrigens sind aktuell auch andere Hersteller betroffen. So besteht das Problem mit der sogenannten “Schummelsoftware“ auch bei Fahrzeugen der Marke Mercedes-Benz (betroffen sind hier zahlreiche cdi-Modelle, insbesondere die Motorentypen OM 642 und OM 651) und der Marke BMW (betroffen sind hier u.a. die Dieselmotoren der 320er- und 520er-Baureihen).
Prüfen Sie Ihre Möglichkeiten!