Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) gekippt und entschieden, dass ausnahmslos in sämtlichen Verbraucher-Darlehensverträgen, die ab dem 11.06.2011 geschlossen worden sind, fehlerhafte, nicht ausreichende oder unzutreffend formulierte Widerrufsbelehrungen dazu führen, dass dem Verbraucher ein befristetes Widerrufsrecht bzgl. der von dieser Widerrufsbelehrung betroffenen Verträge zustehen.
Da dem EuGH ein Immobilienkreditvertrag zur Prüfung vorlag, findet sich der vom EuGH beanstandete Passus innerhalb der Widerrufsinformationen auch in allgemeinen Konsumenten-Kreditverträgen, den Widerrufsbelehrungen zu Darlehnsverträgen und so auch in Verträgen, mit denen beispielsweise ein PKW, ein Laptop, eine Küche oder etwas anderes finanziert worden ist.
Der EuGH kritisierte, dass in der Belehrung zur Widerrufsfrist auf einen Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verwiesen wurde, der seinerseits wiederum auf etliche weitere Paragraphen verweist, der Jurist sprich von einem Kaskadenverweis. Diese Paragraphenkette, also der Verweise einer Norm auf die nächste Norm, ist laut den Richtern des EuGH jedoch so kompliziert, dass der Verbraucher nicht den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen, und somit nicht überprüfen könne, “ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält“.
Dies sei ein Widerspruch gegen die europäischen Richtlinien für Verbraucher-Kreditverträge, die verlangen, dass Verbraucher in “klarer“ und “prägnanter“ Form über die Vertragsmodalitäten zu informieren seien.
Aufgrund der Tatsache, dass sich dieser vom EuGH als fehlerhaft angesehene Passus in einer Vielzahl von Verbraucher-Kreditverträgen findet – einzelne Stimmen berichten von über 20 Mio. betroffener Autokredit- und Leasingverträgen und einer Betroffenheit bei Baukrediten für private Haushalte mit einer Gesamtdarlehnssumme von 1,2 Bio. Euro – hat dieses Urteil im europäischen Raum, so auch in Deutschland, eine erhebliche Tragweite.
Gleichwohl scheinen hinsichtlich der Immobilienverträge nur Verträge zwischen Juli 2010 und März 2016 betroffen zu sein, da danach in den Kreditvertragsvorlagen andere Formulierungen verwendet worden sind.
Etwas anderes gilt für Autokreditverträge, da sich dort auch heute noch die fragliche Formulierung oftmals finden lassen.
Verbraucher sind daher angehalten, dringend zu prüfen, ob sie im Fall unliebsamer Kreditverträge mit hohen Zinsen oder aber im Rahmen des Dieselskandals bei betroffenen finanzierten Autos die Möglichkeit haben, den nun wieder auferstandenen Widerrufsjoker einzusetzen.
Die Prüfung von Kreditverträgen lohnt sich für Verbraucher mithin wieder.
Sollten auch Sie betroffen sein, empfiehlt es sich dringend, den betroffenen Vertrag durch einen mit der Materie vertrauten Rechtsanwalt prüfen zu lassen.
Sprechen Sie uns hierzu gerne an.